BLV, GEW, GSV, LEB, LSBR und PHV betrachten den aktuellen Haushaltsentwurf mit Unverständnis

Unverständnis über den Haushaltsentwurf

Landesschülerbeirat Presse |
- - - Wir betrachten den aktuellen Haushaltsentwurf mit Unverständnis Auf Grund von 28.000 zusätzlichen Schüler*innen im Schuljahr 2025/26 und 2026/27 fehlen mindestens 1.500 Vollzeit-Deputate für Lehrkräfte Wir fordern deshalb eine Aufstockung der Deputate im Haushaltsentwurf
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Stuttgart, den 5. November 2024
Mit großem Unverständnis haben zahlreiche Interessensvertretungen den
Haushaltsentwurf 2025/26 zur Kenntnis genommen. Darin wird die aktuelle
Schülerprognose für die Schuljahre 2025/26 und 2026/27 nicht berücksichtigt, obwohl
davon ausgegangen wird, dass in diesen beiden Schuljahren zusammen ca. 28.000¹
Schülerinnen und Schüler mehr die allgemeinbildenden Schulen besuchen werden.
Um Unterrichtsausfälle zu vermeiden, werden deshalb mindestens 1.500² zusätzliche
Vollzeit-Deputate für Lehrkräfte benötigt. Eine entsprechende Aufstockung im Entwurf
für den Staatshaushaltsplan³ 2025/26 findet jedoch nicht statt!
Um eine ausreichende Unterrichtsversorgung sicherzustellen, schließen sich deshalb
auf Initiative des Landesschülerbeirates, der BLV, die GEW, der GSV, der LEB, der
LSBR und der PhV zusammen und fordern eine entsprechende Anpassung des
Haushaltsentwurfs3 vor der dritten Lesung im Dezember.

Was der BLV dazu sagt…
„Ich erwarte auch für die beruflichen Schulen steigende Schülerzahlen, im Gegensatz
zur bisherigen Prognose des statistischen Landesamtes. So nehmen die
Schülerzahlen bei der Beschulung Geflüchteter aktuell immer noch zu. Dazu schieben
wir eine riesige Überstundenbugwelle von ca. 1.800 Deputaten vor uns her, bis 2030
rechnen wir zusätzlich mit einer Pensionierungswelle. Ich fordere dringend die
Alarmsignale ernst zu nehmen und die Planungen zur Lehrkräftegewinnung
schnellstens an die Realität anzupassen, ansonsten droht ein böses Erwachen“, so
der BLV-Vorsitzende Thomas Speck.

Zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels braucht es dringend ein modernes Jobprofil Lehrer/Lehrerin mit Rahmenbedingungen, die
innovatives Gestalten in einer konstruktiven Arbeitsumgebung ermöglichen. Lehrkräfte
und Schulleitungen brauchen mehr Entlastung. Nicht ohne Grund arbeiten zahlreiche
Lehrkräfte heutzutage von Anfang an in Teilzeit, weil die Arbeitsbelastung an den
Schulen in Vollzeit in den letzten Jahren zu groß geworden ist. Es braucht weitere
Maßnahmen, um das Bewerberfeld zu vergrößern, z.B. weitere flexible Anpassungen,
wenn erforderliche Berufserfahrungen oder wenige ECTS-Punkte fehlen. In solchen
Fällen muss das KM ein Nachholen ermöglichen und eine Einstellungszusage geben.

Der Lehrerberuf muss mit einem Lebensarbeitszeitkonto endlich attraktiver werden. In
der Konkurrenz zur Wirtschaft hinkt der öffentliche Dienst meilenweit hinterher. Trotz
Wirtschaftsflaute müssen unsere Schulleitungen mehrere Ausschreibungsrunden
starten, damit gewerblich-technische Fächer wie z.B. Elektrotechnik und die Fächer
Sozialpädagogik (Erzieherausbildung) und Pflege besetzt werden können.

Was die GEW dazu sagt…
Die Bildungsgewerkschaft GEW erwartet von der Landesregierung eine klare
Priorisierung der geplanten Investitionen für Bildung und eine Reform der
Schuldenbremse.

Monika Stein, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft:
„Kitas,
Grundschulen, G9, Ganztag, Inklusion, berufliche Orientierung,
Demokratiebildung, Vertretungsreserve, etc.: Die Liste der notwendigen Projekte ist
lang. Wenn die Landesregierung weiter an der Schuldenbremse festhält, wird sie nur
einen kleinen Teil anpacken können. Selbst wenn nur die dringend notwendigen
Investitionen in die frühe Bildung, in die Sonderpädagogik und den Ganztagsausbau
in Angriff genommen werden, reicht das Geld im Landeshaushalt nicht. Was nützt uns
Sparen, wenn es uns nicht gelingt, unsere Kinder und Jugendlichen fit zu machen für
die Herausforderung des 21. Jahrhunderts?
Mit Sprachfit und dem geplanten Stellenaufwuchs sind gute Ansätze im Haushalt
erkennbar und einige notwendige Posten abgedeckt. Allerdings sollte den Landtag
aufrütteln, dass Baden-Württemberg seit Jahren auf Platz 16 der Bundesländer die
rote Laterne hält, was die Lehrkräfte-Schüler*innen-Relation in Grundschulen betrifft.
Wir brauchen als erstes 1.500 zusätzliche Stellen für Lehrer*innen in den Klassen 1
bis 4. Außerdem kennen wir keinen anderen Arbeitgeber, der seine ausgebildeten
Fachkräfte nach der Ausbildung erst einmal entlässt, um sechs Wochen lang Geld zu
sparen. Mit seinem Umgang mit den gut 4.000 Referendar*innen zeigt das Land der
Generation Z, dass es nicht besonders sexy ist, im Landesdienst zu arbeiten.“

Was der GSV dazu sagt…
Durch eine Fehleinschätzung des Lehrkräftebedarfs wird sich aus Sicht des
Grundschulverbandes Baden-Württemberg der Lehrkräftemangel an den
Grundschulen des Landes weiter verschärfen. Dies gerade auch vor dem Hintergrund,
dass die von der Landesregierung geplanten Förderkonzepte (SprachFit,
Juniorklassen, Lernen mit Rückenwind) bei deren Umsetzung in der Grundschule
einen zusätzlich hohen Bedarf an qualifiziertem Personal erfordern.

Was der LEB dazu sagt…
Die angeblich positive Entwicklung bei den Lehrkräftezahlen, die zum
Schuljahresbeginn vom Kultusministerium präsentierte wurden, erweisen sich bereits
nach zwei Monaten als Augenwischerei, findet der Landeselternbeirat (LEB).

„Echte Unterrichtsqualität kommt nicht von immer neuen Initiativen, sondern einzig und
allein durch ausreichende personelle Versorgung“, betont der LEB-Vorsitzende
Sebastian Kölsch.

Für die Eltern im Land sei dabei vor allem wichtig, dass eine
vermeintliche 100-Prozent-Abdeckung de facto eine Unterversorgung darstelle.
Klassenfahrten, Krankheitsausfälle, Fortbildungen und die steigende Belastung durch
administrative Aufgaben ziehe in der Praxis täglich Personal aus den Klassenzimmern
und damit von den Schülerinnen und Schülern ab.

„Nur mit 110 bis 115%
Deputatsabdeckung in der Fläche ist eine ausreichende Personalversorgung
gegeben. Jedes Unternehmen im Land muss so rechnen, dies sollte auch in der
Haushaltspolitik für die Personalversorgung an Schulen die Richtschnur sein“, findet
Kölsch.
„Steigende Zahlen bei den Schülerinnen und Schülern wird dieses Phänomen noch
weiter verschlimmern. Wir müssen jetzt gegensteuern, wenn wir langfristig zu mehr
Qualität in der baden-württembergischen Bildung zurückfinden wollen“, fordert der
Vorsitzende des LEB.

Ganz abgesehen davon gelte: „Das Recht auf Bildung hat
Verfassungsstatus. Dafür müssen die personellen Voraussetzungen jetzt auch endlich
vollumfänglich geschaffen werden.“

Was der LSBR dazu sagt…
Aus Sicht des Landesschülerbeirates ist eine ausreichende Versorgung mit
qualifizierten Lehrkräften unabdingbar, um einen hochwertigen und zuverlässigen
Unterricht zu gewährleisten.

„Nachdem wir dieses Schuljahr endlich deutliche
Fortschritte bei der Unterrichtsversorgung gemacht haben, würden diese bei dem
aktuellen Haushaltsentwurf nicht nur zunichte gemacht, sondern auch um Jahre
zurückgeworfen werden“ so der Vorsitzende des Landesschülerbeirates, Joshua
Meisel.

Für uns ist es deshalb nicht akzeptabel, dass man die 28.000 Schülerinnen
und Schüler bei den Haushaltsverhandlungen nicht bedacht hat. Es kann unserer
Meinung nach auch nicht ernsthaft im Interesse des Landtags sein, 28.000 Kinder zu
vergessen. „Wir tun es jedenfalls nicht!“ fügt Meisel deshalb, an die neuen
Schülerinnen und Schüler gewandt, hinzu. Aus diesem Grund fordern wir das
Finanzministerium und die Haushaltskommission auf, dringend ausreichend Stellen zu
schaffen, die nicht zu Lasten des Einzelplans 04 gehen! Dabei muss besonderer Wert
darauf gelegt werden, endlich die schulartspezifischen Ungleichheiten in der
Lehrkräfteversorgung auszugleichen.

Was der PhV dazu sagt…
Der Mangel am allgemeinbildenden Gymnasium ist vor allem regional und
fächerspezifisch sehr unterschiedlich. Wir begrüßen die Wiedereinführung von G9.
Mit Blick auf 2032 entsteht ein Mehrbedarf von annähernd 2 000 Lehrkräften. Dieser
Mehrbedarf kann nicht ad hoc abgedeckt werden, sondern es müssen ab sofort
vorausschauend und über mehrere Jahre hinweg Lehrkräfte eingestellt werden. Die
Haushaltsansätze müssen dieser Situation angepasst werden. Zumindest die besten
Bewerberinnen und Bewerber jedes Jahrgangs müssen mit einem Angebot an Baden
Württemberg gebunden werden. Diese Lehrkräfte könnten an den Gymnasien aktuell
intern eingesetzt werden, um beim Aufholen der Coronalücken tätig zu sein, da die
Jahrgänge ab der jetzigen Klasse 6 voraussichtlich nicht in den Genuss von G9
kommen werden. Der Beruf der Lehrkraft muss durch einen attraktiven Arbeitsplatz
und gute Arbeitsbedingungen erstrebenswert gemacht werden – dies kann am besten
durch zufriedene Lehrkräfte direkt vor Ort geschehen.

 

Für Rückfragen und O-Töne stehen Ihnen die Vorsitzenden der mitzeichnenden
Organisationen gerne zur Verfügung:
Thomas Speck für den BLV
Monika Stein für die GEW
Edgar Bohn für den Grundschulverband
Sebastian Kölsch für den LEB
Joshua Meisel für den LSBR
Martina Scherer für den PH

Quellen
¹ https://www.statistik-bw.de/BildungKultur/SchulenAllgem/AS_schueler.jsp
² basierend auf dem prognostizierten Schüler*innen-Zuwachs der einzelnen
Schularten und den schulartspezifischen durchschnittlichen Klassengrößen, um die
OECD-Optimalversorgung von 110% zu erreichen
³ https://fm.baden-wuerttemberg.de/de/landesfinanzen/landeshaushalt
2025/2026/einzelplaene

PM Download: Gemeinsame Pressemitteilung von BLV, GEW, GSV, LEB, LSBR und PHV zum Thema Lehrkräftemangel im Staatshaushaltplan 2025_26 vom 05.11.2024

 

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